Bissendorf/Elmshorn – Raus aus der gewohnten Umgebung, rein in ein Wartezimmer voller unbekannter Gerüche und dann auch noch ein Piks mit der Nadel: Ein Besuch in der Tierarztpraxis ist für viele Haustiere eine unangenehme Erfahrung.
Wenn Hunde, Katzen oder Nager krank sind oder wenn sie eine Impfung brauchen, ist der Besuch aber selten zu umgehen. Gefragt sind dann beide Seiten: Besitzer können den Besuch so gut es geht vorbereiten, Mediziner für ein angenehmes Umfeld sorgen.
Hunde: Licht, Geräusche und Wartezimmer vermeiden
Wie Menschen zeigen auch Hunde ein Krankheitsverhalten, erklärt Dirk Emmrich, Tierpsychologe und Hundetrainer aus Bissendorf (Niedersachsen). «Sie würden sich dann am liebsten sozial zurückziehen, helles Licht und Geräusche meiden. In Praxen treffen sie aber meist zu nah auf andere Hunde, denen es ähnlich schlecht geht.» Seine Hunde bekämen daher kein Wartezimmer zu Gesicht. «Sinnvoll ist es, wenn man direkt ins Behandlungszimmer gehen kann. Falls das nicht möglich ist, kann es besser sein, draußen zu warten.»
Zudem lassen sich bestimmte Griffe im Alltag üben, damit das Tier sich daran gewöhnt, untersucht zu werden. Ein Beispiel: Beim Kraulen sage man hin und wieder das Wort Ohr, greife kurz ans Ohr und kraule danach gleich weiter, erklärt Emmrich. «Mit der Zeit fasst man dann länger ans Ohr und schaut zum Beispiel auch hinein. So lernen Hunde, dass sie nicht unangekündigt angefasst werden.»
Umstritten ist, wie Besitzer während der Untersuchung mit dem Hund umgehen sollten. «Es bringt gar nichts, ein ängstliches Tier zu bedauern», sagt Astrid Behr vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte. «Das ist kontraproduktiv, weil Halter damit ihr Verhalten auf den Hund übertragen und seine Angst bestätigen.»
Emmrich sieht die Sache etwas anders: «Bei Bindungsentzug werden Hunde noch verletzlicher. Wenn ich nichts mache, verknüpft der Hund den Tierarztbesuch nur mit negativen Erfahrungen.» Er rät, den Vierbeiner mit attraktivem Futter während oder nach der Behandlung zu füttern – und zwar mit mehr als einem kleinen Bissen oder Leckerli.
Katzen: Alles Unbekannte versetzt Stubentiger in Angst
Noch mehr als Hunde leiden Katzen unter dem Stress des Unbekannten. «Sie gehen Gefahren eigentlich aus dem Weg. In der Praxis ist das nicht möglich, daher werden sie in Angst und Stress versetzt», sagt die Fachtierärztin Angelika Drensler aus Elmshorn (Schleswig-Holstein). Ihre Praxis mit einem abgetrennten Wartebereich für Samtpfoten ist von der Internationalen Gesellschaft für Katzenmedizin als besonders katzenfreundlich zertifiziert worden.
Astrid Behr vom Tierärzteverband empfiehlt für den Transport einen Kunststoff-Container mit einer Gittertür. An diese Box sollten Besitzer ihre Katze früh gewöhnen, betont Angelika Drensler: «Wenn Sie die Box nur rausholen, um zum Arzt zu gehen, und das Tier dann hineinzwingen, fängt das Desaster schon zu Hause an.»
Pheromone «vermitteln, dass alles in Ordnung ist», erklärt Drensler. «In unserer Praxis legen wir Decken mit Pheromonen über die Boxen. Wir sparen zudem an Desinfektionsmitteln und schonen das Gehör der Tiere, indem wir auf Telefone im Behandlungszimmer verzichten.»
Nager: Aus Solidarität Artgenossen mitnehmen? Jein!
Boxen für den Transport von Katzen eignen sich auch für Kaninchen und Meerschweinchen. In jedem Fall sollten sie in einem abgedunkelten Behältnis transportiert werden und dort Heu oder ein ähnliches Futter vorfinden.
Kaninchen und Meerschweinchen sind sehr sozial – ob Halter einen Artgenossen als beruhigenden Begleiter mitnehmen sollten, hängt aber vom Einzelfall ab. «Kaninchen und Meerschweinchen werden vom Rest der Gruppe häufig abgelehnt, wenn sie vom Tierarzt zurückkommen und anders riechen», erklärt Drensler. Daher könne es sinnvoll sein, einen Artgenossen mitzunehmen. Bei Kaninchen würde das Astrid Behr aber nicht tun: «Sie können unter Stress aggressiv werden und sich dann möglicherweise verletzen.»
Fotocredits: Inga Kjer,Kai Remmers,BTP,Dirk Schönfeldt,Zacharie Scheurer
(dpa/tmn)
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