Emstek – Große Kulleraugen, flauschiges Fell, langer Hals und ein Mund, der immer aussieht, als würde er lächeln: Alpakas und Lamas sind der Inbegriff von Niedlichkeit und wurden in den vergangenen Monaten zu Trendtieren.
Fotos und Videos gehen viral und begeistern im Internet. Große Unternehmen haben die entfernten Verwandten des Kamels als Models für ihre Produkte entdeckt.
Als reine Kuscheltiere sind die Paarhufer bei aller Niedlichkeit aber nicht geeignet, weiß Andreas Klövekorn, der im niedersächsischen Emstek 18 Alpakas und 3 Lamas hält. Denn bei Körperkontakt seien die Tiere eher zurückhaltend: «Sie lecken ihre Jungen nicht ab und betreiben auch keine Fellpflege untereinander.»
Auf ihrem
Hof «Herzog-Alpakas» bieten Klövekorn und seine Frau Christina neben Fotoshootings und Wollprodukten auch Wanderungen mit den aus Lateinamerika stammenden sogenannten Neuweltkameliden an. Ähnliche Angebote gibt es mittlerweile viele in Deutschland, etwa auch im
Ruhrgebiet, in Bayern oder in der Nähe von
Berlin.
An einem sonnigen Tag im April hat sich bei den Klövekorns eine Gruppe junger Leute eingefunden. Neugierig warten die kuschligen Wanderpartner auf ihren Einsatz. «Auch ausgewachsene Alpakas bewahren sich etwas Welpenhaftes», beschreibt Klövekorn die Wirkung der Alpaka-Optik. Nachdem sich jeweils zwei Leute ein Tier ausgesucht haben, geht es los.
Hank ist zwar auf einem Auge blind – aber das Alphatier: «Er geht hinten, denn er muss seine Herde überblicken», sagt Klövekorn. Dass die drei Lamas den braunen Alpaka-Wallach deutlich überragen, spielt keine Rolle. Lamas sind Lastentiere und deshalb deutlich lauffreudiger als Alpakas, die vor allem Wolle spenden sollen. Bei Wanderungen trödeln Alpakas deshalb gerne mal etwas hinterher. Eines haben beide aber gemeinsam: Die neugierigen Blicke und die gespitzten Ohren, wann immer ihnen Hunde, Menschen oder Autos auf dem Weg begegnen.
«Man kann beide Arten problemlos zusammenhalten», sagt Klövekorn. Zusammen mit anderen Tieren funktioniere das nicht. Die Tiere haben ihre eigenen Hygiene-Vorstellungen und verrichten ihr Geschäft immer am selben Ort. «Alpakas und Lamas fressen nicht an Stellen, an denen Kot liegt», erklärt der Züchter. Würden sie mit Pferden, Schafen oder Ziegen zusammen leben, könnten sie irgendwann nirgendwo mehr grasen.
Etwa 15.000 Lamas und Alpakas leben nach Schätzungen des Tierschutzbundes in Deutschland. «An die klimatischen Verhältnisse bei uns sind die ursprünglichen Andenbewohner gut adaptiert», sagt Verbandssprecherin Lea Schmitz. Der Deutsche Tierschutzbund ist dennoch skeptisch: Viele Besitzer wüssten nicht genug über die artgerechte Lebensweise der Paarhufer. So dürfen etwa Lamas und Alpakas nicht einzeln oder ausschließlich im Stall gehalten werden. Stuten und Hengste müssen zudem getrennt stehen.
Manchmal seien die Tiere auch «fehlgeprägt». Diese Lamas und Alpakas betrachteten Menschen dann als Artgenossen, weshalb sie sie auch anspuckten. Nicht ausgeschlossen sind dann auch Rangkämpfe oder Deckversuche. Das Verhalten kann laut Tierschutzbund nicht mehr korrigiert werden. Im schlimmsten Fall würden betroffene Tiere eingeschläfert. Andreas und Christina Klövekorn raten: «Die ersten sechs bis acht Monate sollte man Jungtiere völlig in Ruhe lassen.»
Ihre Alpakas und Lamas halten deshalb anfangs Abstand zu den Wanderern. Erst als sich die anfängliche Aufregung legt, werden die scheuen Tiere zutraulicher. «Ich konnte richtig runterfahren», sagt die 29-jährige Andrea nach dem zweistündigen Spaziergang. Klövekorn kennt den Effekt: «Die Tiere bringen uns dazu, ruhig zu werden.» Andernfalls fänden Menschen keinen Zugang zu den sanftmütigen Neuweltkameliden. Deshalb seien sie auch für tiergestützte Therapien gut geeignet. Der
Tierschutzbund warnt jedoch, dass sich nicht alle Alpakas und Lamas auch in der Nähe von Menschen wohlfühlten.
Davon kann bei Alpaka Picasso nicht die Rede sein. Der hellbraune Hengst stupst jedem ins Gesicht, der sich nach der Wanderung für ein Foto neben ihn kniet. Picasso steht öfter im Mittelpunkt, wie Christina Klövekorn berichtet: «Bei Hochzeitshootings hat er schon dem einen oder anderen Bräutigam die Show gestohlen.»
Fotocredits: Mohssen Assanimoghaddam
(dpa) (dpa)