Friedberg – Golden Retriever «Muffin» hat keine Angst vor Spritzen. Brav sitzt der Hund auf dem Behandlungstisch von Tierärztin Maleen Schaumburg und lässt sich ein homöopathisches Mittel injizieren. Die Behandlung ist Teil einer Schmerztherapie gegen sein Rückenleiden.
«Muffins» Besitzerin Katrin vom Hagen lehnt Schulmedizin nicht grundsätzlich ab, sieht aber Vorteile der homöopathischen Behandlung. Manchmal benötige die Therapie vielleicht ein bisschen mehr Zeit, aber sie wirke nachhaltig, sagt sie.
Alternative Heilmethoden sind nicht nur in der Humanmedizin, sondern längst auch beim Patient Tier gefragt. Das Interesse lässt sich etwa an den Zahlen für Tierheilpraktiker ablesen: 4500 in sechs Verbänden gibt es in Deutschland, wie Birgit Weidacher-Bauer berichtet, zweite Vorsitzende des «Ältesten Verbandes der Tierheilpraktiker». Tendenziell wollten immer mehr Leute diesen Beruf ergreifen. Hindern kann sie niemand: «Die Berufsausübung ist nicht gesetzlich geregelt.» Für eine Art Qualitätssicherung sorgten nur die Verbände.
Die Kunden sind private Tierhalter und Landwirte. «Oft setzt die Arbeit des Tierheilpraktikers dort an, wo die Arbeit des Mediziners aufhört oder erst gar nicht anfängt», erklärt Weidacher-Bauer. Allergien seien zum Beispiel beim Heim- und Haustier auf dem Vormarsch. Während der Tiermediziner oft Cortison einsetze, versuche der Tierheilpraktiker zu klären, was dem kompletten Organismus fehle.
Das Prinzip ist wie bei der Behandlung des Menschen: Verwendet werden Grundstoffe wie Salze oder Pflanzenteile, die stark verdünnt werden. «Potenzieren» nennt das der Heilpraktiker. Verabreicht würden diese als Injektionen, Kügelchen (Globuli), Tropfen oder Salben.
Das Verhältnis zu Schulmedizinern ist schwierig, auch wenn die hessische Tierärztekammer alternative Behandlungsmethoden nicht grundsätzlich ablehnt: «Man kann nicht alles über einen Kamm scheren», sagt Präsident Ingo Stammberger. Bei der Homöopathie richte er sich nach der gängigen Fachmeinung – und die sei, dass diese Methode «als allgemeines Behandlungsmittel nicht geeignet ist». Eine Wirksamkeit sei «so gut wie nie» nachgewiesen worden.
Tierhalter sollten verantwortungsvoll sein und zu einem Tierarzt gehen, der «weiß, wann er welche Methoden anwenden kann und wann diese Methoden an ihre Grenzen kommen», erklärt Stammberger: «Man kann bei einer eitrigen Lungenentzündung nicht mit Globuli arbeiten.»
«Den Tierärztekammern sind wir ein Dorn im Auge», erklärt Birgit Weidacher-Bauer vom «Ältesten Verbandes der Tierheilpraktiker». Tierheilpraktiker sperrten sich nicht gegen eine normierte Prüfung ihres Berufs. Die solle allerdings nicht von Tiermedizinern kommen: Man wolle nicht von «berufsfremden Personen geprüft werden, die meinen, sie müssten aus uns bessere Tierärzte machen». Mit Homöopathie behandelnde Tierärzte sehe man eher kritisch: «Viele haben eine Zusatzausbildung, vertrauen der Homöopathie aber nicht.»
Das ist bei Maleen Schaumburg anders. Die 52-Jährige ist promovierte Tierärztin, hat eine dreijährige Homöopathie-Zusatzausbildung gemacht und steht hinter den Methoden. «Ich fand es schon in meinen ersten Jahren als Assistenztierärztin unbefriedigend, dass häufig die immer gleichen Medikamente in der Akuttherapie eingesetzt werden, egal, was das Tier hat», erzählt Schaumburg, die Mitglied der «Gesellschaft für ganzheitliche Tiermedizin« ist. «Da begann ich mich bereits für Alternativen zu interessieren – was ich nach der Geburt meiner Tochter dann stärker verfolgt habe.»
Die Veterinärin hat sich 2004 in Friedberg (Wetteraukreis) selbstständig gemacht. Ihre Patienten sind oftmals schon älter oder chronisch krank. «Die sind häufig schon durch sehr viele Tierarzt- und Tierheilpraktiker-Hände gegangen und bringen dann oftmals eine ganz schlechte Prognose mit. Man kann ihnen aber mit homöopathischer Therapie fantastisch helfen und die Lebensqualität verbessern.»
Golden Retriever «Muffin» sei anfangs mit chronischem Durchfall gekommen. Gängige Therapien hätten ihm nicht geholfen, die Homöopathie habe nach wenigen Monaten zum Erfolg geführt. Schaumburg behandelt nach eigenen Angaben zu mindestens 95 Prozent homöopathisch. «Es gibt aber auch immer mal einen Fall, in dem man schulmedizinisch intervenieren muss. Als Tierarzt mit homöopathischer Zusatzausbildung erkennt man, wann ein Therapiewechsel notwendig ist.»
Homöopathie kommt nicht nur bei Haustieren zum Einsatz. «Der Einsatz homöopathischer Mittel in der Landwirtschaft ist nichts Ungewöhnliches mehr», sagt Bernd Weber, Sprecher des Hessischen Bauernverbands. Bei Rindern, Schweinen und Legehennen seien Globuli im Einsatz. «Durchaus mit entsprechendem Erfolg, einige Landwirte schwören darauf», erklärt er. Allerdings müssten die verabreichten Mittel zugelassen und sorgfältig dokumentiert werden.
Fotocredits: Carolin Eckenfels
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