München – Bello und Mieze sind geliebte Familienmitglieder, fellweiche Tröster, beste Kumpel des Menschen. Doch wenn eine Ehe auseinandergeht, haben sie denselben Status wie Auto oder Waschmaschine: Tiere sind zwar, so steht es in Paragraf 90a des Bürgerlichen Gesetzbuchs «keine Sachen». Aber «auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist».
Und das ist im Scheidungsrecht der Fall: Wurden Haustiere während der Ehe angeschafft, «sind sie ein Teil des Hausrats, der zwischen den beiden ehemaligen Partnern aufgeteilt wird», sagt Undine Krebs, Fachanwältin für Familienrecht aus München. Wo künftig Hundekörbchen, Katzenkratzbaum oder Papageienvoliere stehen, muss also unter den Eheleuten ausgehandelt werden, bevor die Scheidung vollzogen wird.
Im besten Fall können sie sich einigen: Du bekommst die Waschmaschine, ich nehme den Hund. Im schlechteren Fall tut durch den Streit ums Tier das Scheiden besonders weh. Denn ein Sorge- oder Umgangsrecht wie für Kinder, gibt es für Tiere nicht, so Krebs.
Wer leer ausgeht, hat weder Rechte noch Pflichten
Ist die Trennung vollzogen, gehören Hund, Katze oder Meerschweinchen einem der beiden Ex-Partner, der andere hat keine Rechte, aber auch keine Pflichten. Er darf keine Ansprüche auf regelmäßige Gassi-Runden erheben, muss aber auch nicht Futter oder Tierarzt mitfinanzieren.
«Streit gibt es vor allem um diese finanziellen Fragen», beobachtet die Scheidungsanwältin. Mancher fürchte die Kosten, mit denen vor allem bei älteren Tieren zu rechnen sei. Dann könne darüber verhandelt werden, ob das Ex-Herrchen oder -Frauchen Geld zuschießt. Manchmal werden die Tiere auch zum Druckmittel, wenn es eigentlich um ganz andere Themen gehe, um die Kinder beispielsweise.
«Wer negativ aus der Scheidung herausgeht, weil er etwa betrogen wurde, der versucht, dem anderen so eins auszuwischen», sagt Andreas Ackenheil. Der auf Tierrecht spezialisierte Anwalt wird beratend von Scheidungsjuristen hinzugezogen, wenn es Streit ums Tier gibt.
Bedürfnisse des Tieres berücksichtigen
Das Wohl des Tieres gerate dabei schnell aus dem Blick und sollte doch maßgeblich sein für die Entscheidung, bei wem ein Haustier künftig leben soll, sagt Ackenheil: «Idealerweise setzen sich beide an einen Tisch und beraten, wer dem Tier die besten Bedingungen bieten kann.» Ist in der neuen Wohnung genug Platz? Tut es der Katze gut, künftig den ganzen Tag allein im Haus zu sein?
Ist keine Einigung möglich, prüft der Familienrichter, ob sich das Tier Frauchen oder Herrchen zuordnen lasse. Der Name auf dem Kaufvertrag ist dabei nicht unbedingt relevant. Möglicherweise ist doch der andere die Bezugsperson, weil er immer mit dem Hund Gassi gegangen ist. Oder es erscheint sinnvoll, den alten Kater nicht aus seinem Revier rund um das ehemalige Familienhaus zu verpflanzen.
Mehrere Tiere werden nicht automatisch aufgeteilt
Mehrere Tiere werden deshalb auch nicht automatisch auf beide Partner aufgeteilt: Ein Rudel von vier Hunden müsse zusammenbleiben, entschied das Oberlandesgericht Nürnberg im Jahr 2016. Die Tiere hätten während der Trennung der Eheleute schon genug mitgemacht. Das Hunderudel dürfe nicht auch noch getrennt werden (Az. 10 UF 1429/16). Berufen kann man sich auf ein solches Urteil nicht: «Es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen», sagt Ackenheil.
Gute Karten habe, wer mit Rechnungen oder Dokumenten belege, dass das Tier ihm zuzuordnen ist. Noch wichtiger sind solche Dokumente, wenn sich unverheiratete Paare trennen. Wer nachweisen kann, dass er der Eigentümer ist, bekommt das Tier. Wenn er es denn will: Nicht selten bleibt ein Tier auf der Strecke, weil keiner der beiden Partner es mehr versorgen kann, weil in der neuen Wohnung keine Hunde erlaubt sind, weil der neue Partner allergisch auf Katzenhaare reagiert.
«Scheidungstier» nicht über Kleinanzeige verkaufen
Wie viele der knapp 350 000 Tiere, die im Jahr in einem Tierheim in Deutschland neu aufgenommen werden, «Scheidungstiere» sind, lasse sich zwar nicht beziffern, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund: «Es kommt jedoch definitiv immer wieder vor.»
Das Tier im Tierheim abzugeben, sei allemal besser, als es über eine Kleinanzeige zu verkaufen, betont sie. Schließlich wisse man nicht, «ob der neue Halter wirklich passend ist oder ob er das Tier schlimmstenfalls weiterverkauft oder verschenkt».
Fotocredits: Felix Kästle,Rechtsanwalt Ackenheil,Christin Klose,Das Atelier Mainz,Deutscher Tierschutzbund e.V.
(dpa/tmn)
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