München – Viele Menschen in Bayern und Österreich klagen derzeit über die Schneemengen. Doch auch für zahlreiche Wildtiere ist die Situation kritisch – Landwirte dagegen freuen sich. Ein Überblick zu den Folgen.
Was bedeutet der hohe Schnee für Wildtiere?
Hohe Schneemassen wie derzeit im Süden Bayerns sind nach Angaben des Bayerischen Jagdverbands eine lebensbedrohliche Situation. Bei Schneehöhen von bis zu drei Metern könnten sich die Tiere kaum fortbewegen. Die
Futterlager seien komplett eingeschneit. Um den Tieren zu helfen, will der Verband mit Hubschraubern
Futter wie etwa Heuballen über stark verschneiten Gebieten abwerfen. Dies sei zwar ein ungewöhnlicher Einsatz, aber «Extremsituationen erfordern auch extreme Maßnahmen», betonte der Sprecher Thomas Schreder.
Welche Strategien haben die Tiere, um das extreme Wetter zu überstehen?
Nach Auskunft des Wildbiologens Andreas Kinser überleben oft nur die gesunden und robusten Tiere. Klassische Winterschläfer wie Murmeltier, Siebenschläfer, Haselmaus und Fledermaus verschlafen die Schneemassen in ihrer Erd- oder Baumhöhle. Dagegen verharren Dachs und Eichhörnchen in ihren Bauten und gehen erst wieder auf Futtersuche, wenn das Wetter es erlaubt. Die Gams sucht sonnenbestrahlte und vom Wind schneefrei gewehte Hänge auf. Alpenschneehühner lassen sich sogar bewusst einschneien. «Sie bauen kleine Iglus; in ihrer Schneehöhle ist es wärmer als draußen im eisigen Wind», so Kinser. «Für die schwachen und kranken Wildtiere ist so ein Extremwinter tödlich.»
Welche Auswirkungen hat der starke Schnee auf Bienenvölker?
Laut Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbunds, besteht keine Gefahr für Bienen: «Die halten sich im Winter ohnehin in einer Wintertraube im Inneren der Bienenstöcke auf.» Für die Wintertraube rücken die Bienen ganz eng zusammen und wärmen sich so gegenseitig. Der Schnee habe auf die Bienen sogar eine positive Auswirkung. «Das ist die Gewähr dafür, dass die Königin nicht ins Brutgeschehen geht und stattdessen eine schöne lange Winterruhe hat.» Für den Imker bedeutet das zudem, dass er die Varroamilbe gut bekämpfen kann. «Das geht nur dann, wenn keine Brut vorhanden ist.»
Wie steht es um den Borkenkäfer?
«Der Borkenkäfer bereitet sich auf den Winter vor und besitzt ein körpereignes Frostschutzmittel», erklärt eine Sprecherin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising. Durch das viele herabfallende Holz profitiere der Baumschädling sogar noch von diesem Wetter.
Wie sieht es im Norden aus?
Während Rehe und Rothirsche in Bayern im Schnee versinken, genießen ihre Artgenossen im Norden Deutschlands das recht milde Winterwetter. Bei Sonnenschein könne es sogar passieren, dass bei den Feldhasen «Frühlingsgefühle» ausbrechen und sie mit der Paarung beginnen, so Wildbiologe Kinser. Auch den Wildschweinen gefallen die Temperaturen, denn von Januar bis März ist bei den Schwarzkitteln die Hauptzeit der Geburten. «Wenn es warm ist, hat ein kleiner Frischling größere Überlebenschancen als bei frostigem Wetter», sagt Kinser.
Wie stark sind die Wälder in Bayern schon vom Schnee geschädigt?
«Momentan haben wir noch keine seriöse Schadensschätzung, da wir unsere Mitglieder und die Bevölkerung eindringlich davor warnen, in den Wald zu gehen. Hier besteht akute Lebensgefahr», sagte Philipp Freiherr zu Guttenberg, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, der «Bild»-Zeitung am Freitag. «Es zeichnen sich aber aufgrund der riesigen Mengen schweren und nassen Schnees bereits jetzt massive Schäden ab. Der viele Schnee lässt einzelne Bäume wie Streichhölzer abbrechen oder sie fallen durch die hohe Schneelast einfach um.»
Schadet die extreme Wetterlage der Landwirtschaft?
Nein. Der Schnee kommt dem Ackerbau in Bayern sogar zugute. «Auf den Feldern und in den Wäldern wird die Feuchtigkeit wegen der starken Dürre im letzten Jahr dringend benötigt», sagt eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbandes in München. «Zudem sprengt der Frost den Boden der Äcker auf, wodurch die Erde weich und besonders gut für die nächste Aussaat wird.»
Fotocredits: Patrick Pleul
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