Berlin – Wenn Kiez-Kater Sammy durch sein Berliner Revier streift, ist das mehr als ein Kontrollgang durchs Gebüsch. Sammy patrouilliert auf dem Bürgersteig und lässt sich streicheln.
Beschwert hat sich über die zutrauliche Mieze, die auch schon mal durch geöffnete Fenster in fremde Wohnungen springt, bisher nur eine Vogelfreundin. Sonst sorgt der schwarz-weiße Kater in Schöneberg für Entzücken und den Ausruf: «Ist der süß.» Woher stammt die Liebe zur Katze? Warum ist das Internet voll von «cat content» – Fotos und Videos von Samtpfoten? Einige Antworten zum
Weltkatzentag am 8. August:
1. Bester Freund: Die Katze ist mit Abstand das beliebteste Haustier in Deutschland. Rund 13,4 Millionen Samtpfoten lebten nach einer Erhebung des Marktforschungsinstituts Skopos 2017 in der Bundesrepublik. Damit ist im Durchschnitt in rund jedem fünften Haushalt (22 Prozent) auch eine Mieze zu Hause. Nach 16 Jahren summieren sich die Kosten für eine Mieze bei guter Pflege nach Berechnungen des Tierschutzbundes auf mindestens 11.000 Euro.
2. Mamas Liebling: Heute schon mit der Katze rumgeschmust? Die Katze braucht das nicht. Es ist der Mensch, der Sofalöwen schwer widerstehen kann. Für US-Sachbuchautorin Abigail Tucker ist die Erklärung einfach. Hauskatzen wiegen mit vier Kilo so viel wie ein Baby. Dazu kommen große Kulleraugen, Stupsnase und Pausbacken. Das ergibt ein Katzenleben lang das perfekte Kindchenschema. Bei vielen Menschen – vor allem Frauen – löst das Studien zufolge einen Schub des Fürsorge-Hormons Oxytocin aus. Was Katzen bei Erwachsenen bewirken können, nennen Forscher wenig schmeichelhaft «fehlgeleitete Elterninstinkte». Von Natur aus gelten Hauskatzen eher als opportunistisch und kryptisch.
3. Fressfeind: Katzen lieb zu gewinnen, ist aus Sicht der
Evolutionsgeschichte schizophren. Denn Primaten als Vorfahren der
Menschen waren Millionen von Jahren lang Futter für Tiger und Co.
Logischer wäre ein respektvoller Abstand zu Hauskatzen, die von der
Wildkatzenunterart Felis silvestris lybica abstammen – und ihre
Reißzähne nicht verloren haben.
4. Anpassungskünstler: Nach Abigail Tuckers Recherchen sind Katzen die einzigen Haustiere, die sich selbst domestiziert haben. Hatten Großkatzen eine Abneigung gegen die frühe menschliche Zivilisation, schlichen sich die Miniatur-Ausgaben einfach ein. Im alten Ägypten wurden sie im ersten Katzenhype der Weltgeschichte sogar zu Gottheiten. Dabei nutzt die Hauskatze dem Menschen bis heute objektiv wenig: Sie beschützt ihn nicht, gibt weder Fleisch, Milch noch Eier. Und sie maust nur, wenn sie Lust hat. Dafür leisten Katzen viel Anpassung. Obwohl sie untereinander fast nur über Geruchsstoffe kommunizieren, schnurren und maunzen sie in menschlicher Nähe – vermutlich für eine bessere Akzeptanz. Forscher haben herausgefunden, dass «Menschenliebe» bei Katzen über Gene erblich ist. Sind Kater und Kätzin Menschenfreunde, ist es ihr Nachwuchs auch.
5. Therapeuten: «Katzen lassen sich nicht zu Assistenten für Behinderte ausbilden wie ein Blindenhund», sagt Astrid Behr, Sprecherin des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte. Dennoch hielten zum Beispiel Alten- und Pflegeheime heute Katzen zu sozialen Zwecken. «Dahinter steht die Beobachtung, dass es alten Menschen oft besser geht, wenn sie sich um ein Tier kümmern können.» Und manche Katzen danken diese Zuneigung mit einem Sprung auf dem Schoß und lautem Schnurren.
6. Freiheitsliebe:
Katzen sind Tiere mit natürlichem Jagdinstinkt, der sich nicht wegzüchten lässt. «Artgerechter ist es deshalb, wenn sie nach draußen können», sagt Tierärztin Astrid Behr. Das sei aber allein schon mit Blick auf den Straßenverkehr riskant – und schlichtweg nicht möglich, wenn ein Halter im vierten Stock wohne. Doch auch eine Wohnungskatze fühle sich nur wohl, wenn sie jagen könne. Also muss der Mensch Spiele bieten. «Das erfordert dieselbe Zeit wie das Gassi-Gehen mit einem Hund», ergänzt Behr. Zwei Katzen gegen Langeweile bei den Tieren zu halten, sei möglich, aber nicht ganz einfach. «Katzen sind in puncto freundschaftliche Beziehungen sehr wählerisch.» Das Duo müsse zusammen passen, zum Beispiel aus einem Wurf stammen. Alt und Jung vertrügen sich dagegen selten. Katzen, die sich nicht mögen, können sich schnell in Dauerkämpfe verstricken.
7. Fortpflanzung: Tierärzte und Tierschützer raten dazu – bei Freigängern und Stubentigern. Denn Katzen vermehren sich mit mehreren Würfen im Jahr wie die Karnickel. Die Katze ist auch das einzige Haustier, das ohne große Mühe verwildern kann. Straßenkatzen aber leiden oft unter Parasiten und Krankheiten, mit denen sie Hauskatzen anstecken. Nicht kastrierte Wohnungskatzen sind nach Angaben von Tierärzten dauerhaft rollig. Kater markieren die Wände, Kätzinnen können Zysten bekommen und viele Tiere jaulen durch den Hormon-Stress.
8. Mörderisch: Dass freilaufende Katzen Beute machen, gehört zu ihrer Natur. Mäuse zu jagen gilt meist als in Ordnung, bei Vögeln hört für manche Menschen die Freundschaft auf. «Dabei erwischen Katzen ohnehin nur kranke Vögel», sagt Tierärztin Astrid Behr. «Oder Jungvögel, weil die Eltern das Nest unprofessionell in geringer Höhe gebaut haben.» Unbestritten ist unter Forschern aber auch, dass Katzen für 14 Prozent des Artensterbens auf Inseln verantwortlich sind. Wobei das nicht nur den Miezen anzulasten ist. Es war der Mensch, der Schiffskatzen bis auf die entlegensten Eilande mitnahm, in denen die Natur nicht auf diesen Feind eingestellt war. Halsbänder mit Glöckchen für Katzen sind bis heute umstritten. An unflexiblen Modellen können sie sich aufhängen. Und für das extrem feine Katzengehör gilt Dauergeklingel als vermutlich schädlich.
Fotocredits: Gregor Fischer
(dpa) (dpa)