Berlin – Die Katze ist Deutschlands beliebtestes Haustier: 13,4 Millionen leben hierzulande, Tendenz steigend. Das geht aus Umfrageergebnissen des Industrieverbands Heimtierbedarf hervor. Hinzu kommen streunende Hauskatzen, deren Zahl der Deutsche Tierschutzbund auf zwei Millionen schätzt.
Katzen sind selbstständig, das mögen viele Menschen an ihnen. Aber ihre vermeintliche Naturnähe hat auch Schattenseiten. Denn Hauskatzen können zur
Bedrohung für die Vogelwelt werden, warnen einige Wissenschaftler. Eine 2013 veröffentlichte Metastudie kommt zu alarmierenden Ergebnissen: Demnach gehen in den USA zwischen 1,4 und 3,7 Milliarden tote Vögel auf das Konto von Katzen. Auf Deutschland umgerechnet wären das, grob geschätzt, etwa 200 Millionen Vögel. Lars Lachmann vom Naturschutzbund Deutschland hält diese Zahl aber für zu hoch gegriffen. «Im Jahresverlauf gibt es hier ungefähr 700 Millionen Vögel. Da müsste ja jeder dritte bis vierte von einer Katze getötet werden», sagt er.
Tatsächlich nimmt die Zahl der Brutpaare in Deutschland ab, bei einigen Arten sogar dramatisch. Besonders stark sind allerdings Vogelarten betroffen, die vor allem in Feldern und Wiesen leben. «In den Siedlungsgebieten, wo die meisten Katzen herumlaufen, geht es den Vögeln mehrheitlich gut», sagt Lachmann. Er sieht die Katze nicht als Hauptfaktor beim Rückgang der Vögel. Schwindende Lebensräume und zu wenig Futter in den Agrarlandschaften spielten eine wesentlich größere Rolle.
Außerdem sind hier lebende Vogelarten an Landraubtiere angepasst. Von einem natürlichen Gleichgewicht zwischen Vögeln und Katzen kann aber dennoch keine Rede sein. In vielen Gegenden gibt es mehr freilaufende Katzen als der Vogelwelt gut tut. «Die Katze kann ohnehin schon kämpfenden Arten den Rest geben, zumindest lokal», warnt Kurt Kotrschal. Er ist Verhaltensbiologe an der Universität Wien und Leiter der Konrad Lorenz Forschungsstelle.
Doch
was können Halter tun, um ihre Katze vom Jagen abzuhalten? Dafür gebe es nur eine wirksame Maßnahme, ist Kotrschal überzeugt: «Die Katze verlässt das Haus nicht.» Auch Wohnungskatzen könnten ein artgerechtes Leben führen, so der Verhaltensbiologe.
Moira Gerlach, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund, sieht das anders. Wenn möglich, sollten Katzen frei herumlaufen. Man könne aber versuchen, die Tiere zu bestimmten Zeiten drinnen zu lassen. Das empfiehlt auch Lachmann: «Von Mitte Mai bis Mitte Juli sollte man die Katze zumindest in den Morgen- und Abendstunden im Haus lassen, denn dann sind die meisten Jungvögel unterwegs.» Solange die Kleinen noch nicht richtig fliegen können, sind sie für Katzen eine besonders leichte Beute.
Damit die Jungvögel vor Katzen geschützt sind, sollten Nistkästen mindestens zwei Meter über dem Boden hängen, am besten an Fassaden oder großen Seitenästen. Bäume, in denen Vögel nisten, lassen sich durch Manschetten aus Blech oder Kunststoff schützen. Auch Brombeerranken am Stamm halten Katzen fern. Der Harfenstrauch eignet sich laut Tierschutzbund ebenfalls zur Katzenabwehr. Weil er für die Samtpfoten unangenehm riecht, machen sie einen großen Bogen um die sogenannte «Verpiss-dich-Pflanze». Menschen nehmen den Geruch nicht wahr.
Ob ein Halsband mit Glöckchen nutzt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Es könne zumindest gesunden Vögeln das Leben retten, meint Lachmann. Für kleine Fluganfänger kommt die Warnung dagegen zu spät. Der Tierschutzbund sieht Halsbänder kritisch, da die Katze beim Spielen oder Klettern daran hängen bleiben kann. «Das Halsband sollte auf jeden Fall einen Sicherheitsmechanismus haben, und den sollte man auch vorher testen», rät Gerlach.
Tier- sowie Naturschützer plädieren dafür, Katzen und Kater auf jeden Fall
frühzeitig kastrieren zu lassen. So können die Besitzer verhindern, dass sich ihre Tiere mit streunenden Artgenossen paaren. Einige deutsche Städte und Gemeinden haben bereits eine Kastrationspflicht eingeführt. «Wir möchten das gerne deutschlandweit durchsetzen», sagt Gerlach. Zusätzlich müsse man auch für die Kastration streunender Katzen sorgen. Das nützt nicht nur den Vögeln. Es verhindert auch, dass verwahrloste Katzen unter Krankheiten und Hunger leiden müssen.
Fotocredits: Markus Scholz
(dpa/tmn) (dpa)